Bildungswoche „Tausch-Rausch“ Öki-Glück

Im DFÖJ hast du im Rahmen einer Bildungswoche die Möglichkeit, eine Woche in einer DFÖJ-Einsatzstelle zusammen mit der*dem dort beschäftigten Freiwilligen zu verbringen und so einen Einblick in die Tätigkeiten einer anderen Stelle zu erhalten.

Im Regelfall besucht die*der Freiwillige der anderen Einsatzstelle zu einem anderen Zeitpunkt deine eigene Einsatzstelle und arbeitet dort zusammen mit dir, ebenfalls eine Woche. Die Einsatzstellen können in Frankreich und/oder in Deutschland sein. Einsatzstellentausche sind also auch mit französischen Freiwilligen in Deutschland möglich.

Freiwilligenbericht: Aufgaben und Verantwortungen in einem Écolieu

Gemütlich zwischen den Bergen im Departement Herault eingebettet befindet sich la Flayssière, ein Écolieu der Communauté de l’arche, bestehend aus mehreren Gebäuden mit Gästezimmern, Küche, Wohnungen, Gemeinschaftsräumen und ‐sälen, Ställen für die Kühe, einem Gehege für die Hühner, einem großen Garten in dem Obst und Gemüse angebaut wird, einer Käserei, einer Werkstatt und noch vielem mehr. Ca. fünf Familien leben dauerhaft an diesem lebendigen Ort, während Freiwillige, Praktikanten und Reisende für längere oder kürzere Zeiträume am spirituell geprägten Leben teilnehmen und mitarbeiten.

Während meiner Bildungswoche vom 14.6. bis zum 18.6.2021 im Rahmen meines DFÖJs herrschte ein reges Kommen und Gehen, ich konnte viele wechselnde Gesichter kennenlernen, bei den zweimal täglichen Gebeten teilnehmen und die unterschiedlichsten Arbeiten entdecken. Jeden Morgen nach einem kurzen Gebet und der Réunion zur Verteilung der Arbeit, halfen alle beim Schnippeln des Gemüses für das Mittagessen. Danach begab sich jeder zu der Aufgabe, zu der es sich gemeldet hatte. In meinem Fall war das an den ersten Tagen das Melken (von Hand) der Kühe, das sich, die Quantität der Milch ausgenommen, nicht wirklich vom Melken der Ziegen auf meiner Einsatzstelle unterschied, die Herstellung von Butter und das Backen eines Kuchens für den Markt. Dazu kamen das Verladen, Transportieren und Stapeln von Heuballen, das Helfen in der Küche, die Vorbereitung des Marktautos und andere Tätigkeiten. Es war interessant auch bei der Herstellung von Butter zu helfen, wo ich das gesamte Jahr lang Käse, Joghurt, Quark und ähnliche Milchprodukte, aber keine Butter gemacht habe.

Herstellung von Butter: Die Milch ruht nach dem Melken einen Tag lang, bis sich die Sahne abgesetzt hat und abgeschöpft werden kann. Als nächstes werden Bakterien hinzugefügt und die Sahne durch das Hinzufügen von Wasser auf eine Temperatur von 17°C bis 21°C (vorzugsweise 19°C) gebracht, bevor sie in einer „Barratte“ geschlagen / gerührt wird. Die Butter setzt sich nach ca. 10 Minuten von der Buttermilch ab, die Buttermilch wird abgegossen und die Butter mit Wasser abgespült. Anschließend wird das Wasser aus der Butter gedrückt, diese wird gewogen und eingepackt. Aus der Buttermilch kann fettarmer Frischkäse hergestellt werden, indem sie auf bis zu 45°C aufgekocht wird, abkühlt und durch ein mit einem Tuch ausgelegten Sieb gegossen wird.

Gegen Ende der Woche kamen durch den Tod eines Bewohners der Flayssiere etwas außergewöhnliche Arbeiten hinzu, da die Beerdigung und der anschließende Leichenschmaus auf la Flayssiere stattfinden sollte. Also half ich dabei die Nachrichten von Freunden und Bekannten von Jean‐Baptist (so hieß der Verstorbene) zu sammeln und damit Bücher im Gedenken an ihn zu gestalten. Außerdem habe ich das Grab vorbereitet, d.h. vergrößert, von Unkraut befreit und für die Sargträger einen Steg über dem Nachbargrab konstruiert, bei der Dekoration des Saals geholfen, Kekse und Pfannkuchen gebacken und Möbel hin und her gerückt. Durch diese Beerdigung wurde es offensichtlich, dass die Menschen, die auf la Flayssiere leben, sich nicht nur gemeinsam um einen Hof kümmern, sondern, dass sie ihr gesamtes Leben mit den anderen Bewohnern teilen. Und dabei macht es keinen Unterschied, ob man seit mehreren Jahren dort ist oder nur für eine Woche. La Flayssiere ist kein Ort, an dem jeder seiner zugeteilten Arbeit nachgeht, ohne nach links und rechts zu schauen. Es ist ein Ort der Begegnung, ein Ort, der jeden willkommen heißt, ein Ort, an dem viel gesungen und gelacht wird. Gebete gehören zum Alltag ebenso wie die morgendliche Réunion zur Verteilung der Arbeit, gemeinsames Essen und gemütliches Beisammensein. So kam es, dass ich während dieser einen Woche auch bei einer Beerdigung teilnahm, von einem Menschen, den ich selbst nicht kannte, aber dessen Leben mir von vielen anderen geschildert wurde. Ich durfte diesen Moment mit allen anderen Bewohnern von La Flayssiere, den Nachbarkommunen und den Angehörigen teilen.

Die Tätigkeiten auf La Flayssière sind vielfältig und interessant und egal wie lange man in der Communauté bleibt, oder schon ist, jeder übernimmt einen Teil der Verantwortung und alle anderen schenken einem das Vertrauen, aus dieser Verantwortung das Bestmögliche zu machen. So ist z.B. eine Person immer für die Hühner zuständig,
jemand anderes kümmert sich um die Kühe oder um den Garten. Alle, die nur für kurze Zeit da sind, helfen wo sie können.

Es ist eine schöne Art zu leben.

Freiwilligenbericht: Ökiglück auf der Ferme de Truttenhausen

Di, 3.8.: Nach der recht langen Anfahrt wurde ich in Barr netterweise von Antoine (Leitung élevage) und Pierre Henri (Leitung maraîchage) abgeholt und durfte auf dem Hof direkt beim abendlichen Melken mithelfen. Da ein ziemliches Gewusel herrschte kam ich leider nicht dazu, Antoine mit Fragen zu löchern; dafür wurde ich damit beauftragt, für jede Kuh die jeweilige Milchmenge zu notieren. So hatte ich immerhin genug Zeit, mir ganz in Ruhe alles anzuschauen.
Mi, 4.8.: „Le petit week-end“, also frei! Conrad und ich haben unter anderem eine Hofbesichtigungstour gemacht. „Trutt“ ist deutlich größer als mein kleiner Schafhof; unter anderem gibt es viele andere Freiwillige/ Angestellte/ Wwoofer/ Praktikanten. Durch die Hofbesichtigung konnte ich mir einen guten Überblick über Hof und Bewohner verschaffen und habe mich dadurch in den nächsten Tagen deutlich besser zurechtgefunden.
Do, 5.8.: Mit Antoine war verabredet worden, dass Conrad und ich Donnerstag und Freitag in der maraîchage verbringen. Morgens ging es um acht Uhr erstmal damit los, dass alle Arbeitenden sich draußen trafen, um kurz abzuklären, wie der Tag grob ablaufen würde und wer welche Aufgaben übernehmen würden. Dann haben sich Team élevage und Team maraîchage getrennt; für uns ging es erstmal zu den Gewächshäusern mit den Tomaten. Zu fünft haben wir die erste Hälfte des Vormittags damit verbracht, Tomaten zu ernten; danach ging es mit einem der hofeigenen Autos runter nach Valff. Zusammen mit Pierre Henri haben wir dort bis zum Mittagessen Salate und Fenchel gepflanzt; mit den schönen Vogesen im Hintergrund! Nachdem die Felder abgedeckt waren, ging es endlich hoch zum Mittagessen, was netterweise von Louis – dem anderen deutschen Freiwilligen – vorbereitet worden war. Nachmittags ging es für Conrad und mich wieder zu den Tomaten; die Pflanzen mussten beschnitten und neu aufgewickelt werden. Das Ganze hat sich ganz schön in die Länge gezogen, trotzdem hat es zusammen mit den anderen echt Spaß gemacht. Abends waren wir dafür umso müder!
Fr, 6.8.: Morgens haben wir prompt den Wecker verpasst und sind dann dafür umso schneller aus dem Bett gekommen. Den Vormittag haben wir – diesmal nur zu viert – die restlichen Tomaten beschnitten und hatten danach sogar noch kurz Zeit, mit dem Unkrautjäten anzufangen, bevor Conrad und ich zurück auf den Hof gelaufen sind, um das Mittagessen vorzubereiten: Kartoffelsuppe, Manngold-Tarte und Gemüsesticks mit Hummus. Auch nachmittags ging es wieder zu den Tomaten, diesmal wurde wieder geerntet. Meiner Meinung nach deutlich entspannter als das Beschneiden! Abschließend ging es nochmal runter nach Valff, wo wir das Wassersprengersystem einrichteten und in der Abendsonne Unkraut jäteten.
Sa, 7.8.: Conrad und ich hatten uns freiwillig dafür gemeldet, einen der vier Märkte zu übernehmen und fuhren also morgens kurz nach sechs mit Lieferwagen und Anhänger los in Richtung Obernai. Das Aufbauen von Marktstand und Gemüseauslage war nicht ganz einfach, umso zufriedener waren wir, als es dann letztendlich gar nicht schlecht aussah und Gemüse, Käse, Joghurts, Saft und Pestos schön präsentiert waren. Obwohl viele der Marktverkäufer im Urlaub waren, gab es doch so einige Kunden. Sobald ich das System mit Kasse und Waage verstanden hatte, hat es auch richtig Spaß gemacht! Am Allerbesten war allerdings der Warenaustausch zwischen den Händlern nach dem Markt…
Mo, 9.8.: Morgens ging es los mit einer réunion; es wurde mit allen zusammen überlegt, was in der nächsten Woche geschafft werden musste und überprüft, ob alle Aufgaben der vorigen Woche
geschafft worden waren. Conrad und ich waren für die nächsten zwei Tage in der élevage eingeteilt und gleich nach der réunion ging es daran, die Kühe zum Melken in den Stall zu holen. Das Melken war für mich ein echtes Highlight!! Danach ging es mit Antoine und einer weiteren Wwooferin in die Käserei, wo die Käseleibe gewendet und gewaschen wurden. Nach dem Mittagessen haben Louis und ich zusammen einen Holzstapel eingeräumt, danach den Stall neu eingestreut und anschließend durfte ich sogar auf den Traktor! Allerdings nur kurz, weil das Seil, mit dem wir einen Anhänger abschleppen wollten, kurzerhand seinen Geist aufgab. Abends wurde dann zum zweiten Mal gemolken, diesmal Louis und ich. Insgesamt eine sehr coole Erfahrung, das Melken mit verschiedenen Personen gemacht zu haben!
Di, 10.9.: An meinem letzten Arbeitstag habe ich wiederum mit Conrad zusammen gemolken; danach bekamen wir die glorreiche Aufgabe, Ackerbohnen von einem Anhänger in zwei Plastikbehälter zu schippen. Nicht wenig anstrengend, aber der Spaß ist dabei auch nicht zu kurz gekommen… Vor dem Mittagessen schafften wir es sogar noch, einen kaputten Behälter zu reparieren. Nachmittags waren wir dann wieder Teil des Teams maraîchage. In Valff haben wir zu fünft erst Paprika geerntet, dann Unkraut gejätet und uns zum Schluss nochmal ordentlich ausgepowert beim Buddeln und Vorbereiten eines Fundaments (bei brütender Sonne…!).

Sehr spannend fand ich es, zu sehen, in welchen Hinsichten sich Truttenhausen und meine Einsatzstelle ähneln beziehungsweise unterscheiden (z.B. Organisation, Mentalität, Freizeit).
Zusammenfassend: eine richtig tolle Woche mit unglaublich vielen neuen Eindrücken, Kennenlernen neuer Leute, anstrengender und entspannter Arbeit, neuen Vokabeln; sogar für ein paar Ausflüge in die Umgebung waren Zeit! Alles in allem hat es sich wie Urlaub angefühlt… ;-)

Träger:

BUND

Gefördert durch:

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Gefördert durch:

OFAJ DFJW

Zertifiziert durch:

Qualität in Freiwilligendiensten